
„Was haben Tante Hertha und dieses Oldsmobile F Coupé gemeinsam? Richtig, man sieht Ihnen Ihr Alter irgendwie nicht an.“, meint Holm zu uns, während er das etwas schwergängige Holztor zur Seite schiebt. Zu Tage kommt ein imposantes Mobil mit herrlichem Chrom-Kühlergrill, anmutig geschwungenen Radkästen und bewundernswerten Details. Das sind Proportionen. Einzigartig!

„Baujahr 38“, hören wir ihn noch durch die Halle rufen und uns wird klar, hier stehen knapp 80 Jahre Automobilbaugeschichte in ihrer schönsten Form. Sofort zeichnen sich Bilder im Kopf, wie von allein. Das Amerika der 30er Jahre, breite Straßen, Typen in Anzügen und mit Hüten, dazu eine leicht kratzige Melodie eines Grammophons… allein die Farbgebung des Oldsmobile, in einer Art sportlichem Ozeanblau, verdrängt das Klischee eines Gangsterdienstwagens, der sehr gut in diese Kulisse passen würde. Bis dahin schon mal ein filmreifer Auftritt. Hollywood-like!


Der Olds mit der Zusatzbezeichnung „Businesscoupé“, also keine Sitzplätze im Fond, dafür aber 3 Plätze auf der durchgehenden Bank vorn, setzte seinerzeit nicht nur, in Punkto „Design & Präsenz“, Maßstäbe, deren Wirkung bis heute erhalten blieben. Auch technisch betrachtet ist der Oldie ein Meilenstein. So fand die erste Version, eines in Serie produzierten 3-Stufen-Automatikgetriebes, mit der Bezeichnung „Hydra-Matic“, ihre Anwendung, als gemeinsame Entwicklung der Divisionen GM Cadillac und Oldsmobile. Der Siegeszug des Automatikgetriebes im Allgemeinen und speziell auf dem amerikanischen Markt, hatte begonnen.

Das Knarzen der Beifahrertür verheisst Nostalgie pur und uns umgeben Details, fernab heutiger Regeln der Ergonomie. Trotzdem findet der Kraftwagenführer und sein Gefolge alles was er braucht, was er nicht findet, brauch er auch nicht. Das Reduzieren aufs Wesentliche finden wir hingegen äußerst reizvoll und sogar zeitgemäss. Noch in Gedanken, fällt die schwere Tür passgenau ins Schloss.

Ursprünglich verlies Holms Sammlerstück das Werk mit einem 3,5l Reihensechszylinder, bis dieser in der Neuzeit, durch engagierte Petrolheads, in Süddeutschland, durch einen 6,2l V8 Small Block mit gängigen 250PS ersetzt wurde. Keine schlechte Entscheidung, denn damit erklomm der Olds den Olymp der Unikate. Wir sperren die Lauscher auf.
Holm zündet das Triebwerk, und ein Gewitter setzt ein. Geschossartig schleudert das Gefährt seine Klangsalven in die Umgebung, wie eine Haubitze. Sofort stellen sich unsere Nackenhaare auf, und wir beginnen zu verstehen, warum dieser 38er Olds so beliebt ist, bei Groß und Klein, Jung und Alt in Stadt und Land. Holm lächelt verschmitzt, auch wenn ihm als Kraftwagenführer die Anstrengung ins Gesicht geschrieben steht, während er den Boliden ganz ohne Servo aus der Halle manövriert.

Soweit es die Zeit zulässt, die Sonne im Zenit steht und die Tankkarte bereit liegt, lässt er auch gern andere an dem Schauspiel teilhaben, denn dann wird das Schmuckstück ausgeführt. Insbesondere die OldtimerShow in Paaren Glien, nordwestlich von Berlin, wird alljährlich durch Holm und seine Freunde des guten Automobilgeschmacks heimgesucht. Allein die Anfahrt durch Brandenburgs verträumte Dorfstraßen ist ein Erlebnis, so der V8-Konzertmeister, während er uns eindringlich darlegt, wie die Fahrt des Oldsmobile akustisch unterlegt wird. Wir sehen jetzt ein, dass die originalen Bomben-Applikationen am Heck und an den hinteren Radläufen, die uns anfänglich etwas irritierten, nicht ohne Grund angebracht wurden. Auf jeden Fall „Satire“ in Zeiten von Bluemotion, ecotec, Hybrid & Co. – Holms Lächeln steckt an.


Die Termine 2017 fest im Blick, wird die „ozeanblaue Stimmungskanone“ bis dahin ordnungsgemäß unter der softgarage eingelagert, um die letzten Wochen vor dem Saisonstart zu überdauern.
Wir schauen auf jeden Fall wieder vorbei…
softgarage-Team